Haflingerzüchter Harry Tauber
Ein Züchterportrait von Barbara Schneider im Rossinger Nr. 147
Weithin bekannt und ein von Anfang an auf höchstem Zuchtniveau (Staatsmedaille in Gold) agierender Haflinger-Liebhaber ist der jung gebliebene Niederösterreicher aus Wittau im Marchfeld. Der landwirtschaftliche Betrieb von Juniorchef Harald und Vater Harry befasst sich nicht nur mit Gemüse- und Getreideanbau, sondern vor allem mit Stroh- und Heugewinnung für große Reitställe. Das liebste landwirtschaftliche Standbein von Harry Tauber sind jedoch seine edlen Haflinger-Pferde.
Das besondere Gespür – wer mit wem bei der Anpaarung zusammenpasst, welche Linien durchschlagende Erfolge haben werden und das Auge für Pferde, die sozusagen eine Zuchtdynastie prägen könnten, hatte er schon immer. War er der Meinung, sein züchterisches Potenzial könnte sich mit dem eigenen Pferdebestand nicht voll entfalten, ging und geht Harry nach wie vor „auf Tour“ – um bei „gleich ums Eck“ Züchtern fündig zu werden oder ausländische Haflinger Hochburgen anzusteuern, um Eliten zu kaufen oder zu pachten. Insidertipps, vor allem aber sein unglaubliches Netzwerk erleichter(t)en dem leidenschaftlichen Züchter die Umsetzung seiner Visionen. Ohne je an Beurteilungs-, Vererbungsschulungen oder ähnlichem teilgenommen zu haben, weiß Harry Tauber genau, was er will. Er sieht sozusagen schon im Geiste, was „herauskommen“ könnte, bzw. die Entwicklungsmöglichkeit des Pferdes. So mancher hat schon den Kopf geschüttelt, wenn sich „der Tauber“ dann und wann mit „Ausschussware“ (nach Meinung der anderen) eingedeckt hat. Dass sich das vermeintlich „hässliche Entlein“ im Wittauer Gestüt zu einem „stolzen Schwan“ entfaltete, verblüffte Haflinger Zuchtinsider keineswegs. Nach wie vor mit gezielter Passion vorgehend, ist er – unbeeinflusst von wechselnden Trends, seinen Vorstellungen von einem Ideal-Haflinger treu geblieben. Viel Ausstrahlung, Leichtigkeit in der Bewegung und ein unkomplizierter Charakter sind Vorzüge, welche die Rasse seit jeher auszeichnen. Diese gilt es zu bewahren und darauf hat Harry bei seinen sympathischen Mutterlinien immer viel Wert gelegt, welche diese durchschlagend vererben. Heute stört es ihn glücklicherweise genauso wenig wie früher, wenn Haflinger vom Stockmaß her nicht zu den Größten gehören, dafür – oder vielleicht gerade deshalb, zu den harmonischsten und attraktivsten. Gerade jetzt sind wieder mehr denn je Pferde gefragt, die nicht überdimensioniert, aber „aus einem Guß“ einfach sehr ansprechend sind.
„Aller Anfang ist leicht“ dachte sich Tauber, als er 1962 mit jugendlichem Elan anfing, die Haflingerwelt zu verbessern. Zu den Urmüttern zählten „Zirinka“ und „Zita“ bis zur berühmten Linienbegründerin, der 1969 geborenen „Monpti“ n. Alarich a. d. Minverva n. Merkur. Die edle (Note 10) „Solveig“ n. Alarich a. d. Santana n. Westwind – Landesreservesiegerin 1978, „Orla“ n. Alfred a. d. Osiane n. Absam, Landessiegerin 1980, oder „Marlies“ und „Manila“ n. Mars a. d. Marliese n. Alarich, die Jubiläumssiegerin der Altstuten 1994, gehörten zur „Creme de la Creme“. In diese Klasse reihen sich die Landessiegerinnen vieler Jahre ein. 1984 gewann „Gina“ n. Achensee, „Onella“ n. Statist war 1993 genauso die Schönste wie ein Jahr darauf „Arktis“ n. Apell. 1997 hieß Niederösterreichs Beste „Madame“ n. Wodka. „Lupine“ n. Austria machte 2003 das Rennen um Platz 1 und 2008 war dies „Tokio“ n. Winternacht. Harry Taubers züchterische Zwischenbilanz kann sich sehen lassen: von 168 vorgestellten Stuten erreichten gleich 36 die in Niederösterreich sehr selektiven Ansprüche für die Klasse I. Weiters gehen 16 Reserve- und 7 Landessiegertitel bei den Stutbuchaufnahmen und zahlreiche Spitzenplätze bei Bundesschauen auf das Konto von Taubers Stall. Bis zum Frühling 2022 wurden 264 Stut- und 119 Hengstfohlen gebrannt, wobei es hier beinahe eine Selbstverständlichkeit ist, dass Harrys Youngsters im Landes- und Bundesvergleich nach wie vor zu den Besten gehören – die Liste der Prämierten ist schier unglaublich. Auch einige von Taubers Hengste brachten als Stempelhengste die Haflingerzucht im In- und/oder Ausland so richtig „auf Vordermann“. Angefangen von „Apell“ n. Ali a. d. Irene n. Marling – dem Gewinner der Hengstnachzuchtsammlung bei der großen Landwirtschaftsmesse 1994 in Wieselburg, über „Stilist“,
dessen Vater „Strogoff“ n. Stürmer a. d. Carou n. Afghan sogar ins Königreich Bhutan ging, bis zu den Beschälern der nachfolgenden Generationen wie beispielsweise „Novill“ n. Nastral a. d. Menuett StPr n. Mithras ElH. Einmal mehr sensationell unterwegs war das Gestüt Tauber bei der ARGE Haflinger Hengstkörung am 2. Februar 2007. Im Pferdezentrum Stadl-Paura knackte es sozusagen den Dreifach-Jackpot. Harry stellte mit dem selbstgezogenen, erstklassig bewerteten „Barrique“ n. Bergamo a. d. Lupine den strahlenden Sieger, welcher mit Gang- und Exterieurkorrektheit, sowie viel Schub bestach. Ihm kaum nachstehend, punktete sein 1. Reservesieger „Assuan“ n. Assekur a. d. Okarina, Züchter ist Herr Winkler aus Tirol, mit Rassigkeit, gut gesprungener Galoppade und lockerem Trab. Auch der dritte, vom Wittauer Stall gezüchtete und vorgestellte, ebenfalls 2004 geborene Hengst „Wintersturm“ n. Winternacht überzeugte mit edlem Typ und flotter Bewegung. Stellvertretend für Taubers Elitezucht steht dieses Ausnahmepferd, welches sich durch seine eigenen Leistungen und die der Nachkommen zum Seriensieger katapultierte. Aus Harrys Prämienstute „Tavosa“ n. dem Weltsieger Abendstern gezogen, erkannte der Südtiroler Josef Waldner aus Marling bei Meran gleich dessen internationales Entwicklungspotenzial und kaufte ihn. Erst 3jährig präsentierte sich der rassige Hengst dermaßen souverän, dass er bei der Europaschau in Meran 2007 zum Reservesieger gekürt wurde. Nicht nur vom Exterieur, sondern genauso charakterlich sehr gut drauf, gewann er ein Jahr darauf die nationale Hengstleistungsprüfung. Wie ein „Wintersturm“ fegte gleichnamiger Hengst dann sozusagen „über die Konkurrenz hinweg“, als der Fünfjährige beim Haflinger Europachampionat vom 23. bis 25. Oktober 2009 den Titel bei den Einspännern holte.